Am 31. Oktober gedenken wir dem Anschlag der 95 Thesen Martin Luthers an der Schlosskirche zu Wittenberg – jenem Ereignis, das eine kirchliche Erneuerungsbewegung und schließlich die Reformation auslöste.
Neben allen geschichtlichen, auch kriegerischen Folgen der Reformation gingen wertvolle soziale und geistesgeschichtliche Impulse von ihr aus. Langfristig am wichtigsten war wohl die Praxis religiöser Toleranz, die die Koexistenz der römisch-katholischen mit vormals „häretischen“ christlichen Kirchen, aber auch mit anderen Religionsgemeinschaften ermöglichte.
Mit Blick auf das Deutschland der Gegenwart müssen wir feststellen, dass religiöse Toleranz zunehmend einseitig, nämlich von Christen und Juden, nicht aber von Muslimen praktiziert wird. Der Reformationstag sollte daher auch ein Anlass sein zu fragen, wie es eigentlich um eine Reformation des Islam bestellt ist. Also?
Schlecht ist es bestellt, so schlecht, dass muslimische Reformtheologen wie Mouhanad Khorchide oder Seyran Ateş in Deutschland um ihr Leben fürchten müssen und sich nur noch unter Polizeischutz an die Öffentlichkeit trauen – eine Schande, über die man am heutigen Tag einmal nachdenken sollte.